Mängel bei Nachwuchsplanung und Führungskräfteentwicklung stellen auch in der Druck- und Medienbranche ein erhebliches Betriebsrisiko dar.
In einigen deutschsprachigen Regionen macht sich bereits heute ein zunehmender Mangel an Fachkräften bemerkbar. In vielen Betrieben ist es außerdem nicht einfach, frei werdende Führungspositionen adäquat zu besetzen. Dabei ist weniger die rein fachliche Qualifikation möglicher Bewerber das eigentliche Problem. In der praktischen Führungsarbeit werden sehr viel weitergehende Kompetenzen benötigt. Diese erforderlichen Befähigungen finden in der Stellenbesetzung oftmals zu wenig Aufmerksamkeit. Darüber hinaus existiert in zahlreichen Betrieben keine systematische Personalentwicklung, um sich auf frei werdende Führungspositionen angemessen vorbereiten zu können. Dies hat für den betrieblichen Ablauf und für die konkreten Betriebsergebnisse weitreichende, in der Regel sehr negative Folgen. Somit sind möglichst schnell drei zentrale Aufgabenbereiche aktiv zu bearbeiten, nicht zuletzt um den drohenden betrieblichen Schaden noch rechtzeitig abwenden zu können.
1. Aufbau einer betrieblichen Nachfolgeplanung
Für den gesamten technischen Bereich einschließlich der IT existieren langfristig angelegte Investitionsplanungen. Für anstehende Erneuerungen werden intensive Recherchen durchgeführt. Man informiert sich umfassend bei in Frage kommenden Herstellern, vereinbart Besuche und Ortstermine in Kollegenbetrieben, die bereits mit der neuen Technik arbeiten. Das alles gilt als erforderlich und selbstverständlich.
Allerdings sind die betrieblichen Produktivkräfte eben nicht auf Technik und IT beschränkt. Es sind die Mitarbeitenden und insbesondere die Führungskräfte, die letztlich dafür sorgen, dass mit den Betriebsmitteln angemessen umgegangen und mit ihnen richtig gearbeitet wird. Daraus entsteht der eigentliche Mehrwert.
Demnach ist eine sorgfältige und frühzeitige Auseinandersetzung mit der Planung der Nachfolge ausscheidender Führungskräfte eine mindestens ebenso bedeutende Herausforderung und Aufgabe der Unternehmensführung wie die technische Weiterentwicklung.
2. Formulierung eines aktuellen Anforderungsprofils an zukünftige Führungskräfte
Ähnlich wie der Bedarf in der Technik oder IT im Vorfeld präzise geklärt wird, ist es sehr sinnvoll, genauer darüber nachzudenken, was der Betrieb in den verschiedenen Abteilungen von neuen Führungskräften erwartet und benötigt. Hierbei ist zwischen den rein fachlichen Fähigkeiten und der kommunikativen sowie sozialen Kompetenz zu unterscheiden.
Die Erwartungen der Kunden an die Produkte und an die Zusammenarbeit mit dem Lieferantenbetrieb sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Dazu kommt der enorme Preisdruck, eine Beschleunigung der Fertigungsprozesse und damit verbunden die Notwendigkeit weiterer technologischer Innovationen. Wie kann sich ein Betrieb in diesem Szenario behaupten und darüber hinaus positiv von den Mitbewerbern abheben? Wesentliche Teile der Antwort auf diese Frage finden sich in der Art und Weise, in der intern, besonders aber mit den Kunden kommuniziert und kooperiert wird.
Hierfür benötigen die Führungskräfte die Fähigkeit zur Akzeptanz auslösenden Kommunikation, zur konstruktiven Konfliktregelung, zum abteilungsübergreifenden Denken und Handeln, zur Entwicklung des anvertrauten Teams und der Mitarbeitenden, um nur einige Qualifikationsmerkmale wirksamer Führungsarbeit zu nennen. Diese Merkmale gilt es im Anforderungsprofil zu verankern.
3. Schaffung von entsprechenden internen Personal-Entwicklungsprozessen unter Einbeziehung von externen Schulungsmöglichkeiten
Unabhängig von ihrer Größe und Mitarbeiterzahl sind alle Betriebe gut beraten, sich diesem Thema rechtzeitig zu stellen und ein sinnvolles betriebsbezogenes Konzept zu entwickeln. Dies ist ein wesentlicher Teil des Risikomanagements in der Unternehmensführung und sollte nicht unterschätzt werden.
Führungsbereitschaft und die entsprechenden kommunikativen und sozialen Qualifikationen entstehen nicht über Nacht. Auch hilft es wenig, Führungskräfte mittels einer Direktive zu solchen zu ernennen und dabei nur noch die Vorstellungen kundzutun, die mit der Führungsqualität verbunden werden. Die Erwartung, dass es dann auch genau so gemacht wird, läuft große Gefahr enttäuscht zu werden. Diese Formen der Führungsarbeit sind nicht mehr zeitgemäß, wirken in der Praxis kontraproduktiv und erweisen sich aufgrund ihres enormen Konflikt- und Widerstandpotenzials in der Regel letztlich als sehr kostenintensiv.
Wesentlich erfolgreicher werden die Betriebe sein, bei denen zum Beispiel im Rahmen konstruktiver Jahresgespräche ohnehin ein guter Kontakt zu und wechselseitige Kommunikation mit allen Mitarbeitenden besteht. Dabei lassen sich die Erwartungen aneinander ebenso klären wie die rechtzeitige Orientierung von jüngeren Mitarbeitenden auf die betrieblichen Weiterentwicklungsmöglichkeiten und die damit verbundenen Anforderungen.
Da jeder Mensch unterschiedliche Erfahrungen und Fähigkeiten mitbringt, will der betriebliche Entwicklungsplan individuell angepasst und konkret auf den Mitarbeitenden bezogen sein. Die Mühe lohnt sich: Die Chance einer internen Weiterentwicklung anzubieten, löst häufig einen kräftigen Motivationsschub aus.
Darüber hinaus erhöht sich für alle Mitarbeitenden durch das Angebot der Förderung und Weiterentwicklung die Attraktivität des Betriebs. Auch dies ist im Wettbewerb um knapper werdende Fachkräfte ein entscheidender Vorteil.
Kasten:
- Welche der Führungskräfte scheiden in den nächsten 18 bis 24 Monaten aus?
- Was sind heute die Besonderheiten dieser Abteilung?
- Welche neuen Anforderungen werden voraussichtlich genau an diese Abteilung in den nächsten drei Jahren herangetragen?
- Wie wurde die Neubesetzung der Führungspositionen bisher gestaltet?
- Welche besonderen Erwartungen an die neue Führungskraft existieren und welche über die technische Kompetenz hinausgehenden Fähigkeiten sind besonders wünschenswert?
- Welche Mitarbeitenden empfehlen sich durch welche Fähigkeiten für diese neue Führungsposition?
- Was kann konkret getan werden, um das Führungspotenzial der in Frage kommenden Mitarbeitenden zielführend zu fördern?
Erschienen in: Das Österreichische Grafische Gewerbe 11–12/2011, S. 14–15